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Archive for Juli 2011

…genießen ist eine Kunst.“ Francois de La Rochefoucauld

Hildegard von Bingen Frankfurt und Main-Taunus

Wir stehen an der Kasse im Supermarkt. Wir, das sind die Konsumenten, aufgeklärt und gesundheitsbewusst. Vor mir überbrücken zwei Frauen die Wartezeit mit einem Fachgespräch und einem vorwurfsvollen Blick in meinen Einkaufswagen: ‚…ich würde ja auch gerne hochwertige Lebensmittel einkaufen, aber das können wir uns nicht leisten‘. Sie schiebt ihre Dosen mit den Energiedrinks auf dem Band zur Seite, um Platz zu machen für die große Tüte mit den Aufbackbrötchen. Die andere Frau nickt traurig zustimmend mit dem Kopf und schimpft genervt mit ihrem Kind, das im Einkaufswagen sitzt und eine Art Joghurt teils isst, teils im Wagen verschmiert. Immerhin, da steht das Wort „Frucht“ auf dem Becher und zum Nachdruck ein schöner bunter Aufdruck mit der Frucht, die da pur enthalten ist- mit mindestens 20%. Fast ohne Fett und ohne Zucker, aber trotzdem cremig und süß…

Nachdem die Frauen ihre Waren und Kinder eingepackt haben, zahlen sie jeder mit einer Scheckkarte die Beträge = 59,20 Euro und 34,80 Euro. Die Einkaufswagen sind voll- ohne Kind und auch ohne Obst oder Gemüse. Sie gehen nach Hause zum Mittagessen. Kochen müssen sie nicht, wenn ich die Einkäufe richtig interpretiere. Meine Rechnung beträgt 24,85 Euro. Ich muss das Essen erst noch kochen und haste wenig später eilig an einem anderen Ort, an einer anderen Warteschlange vorbei- gesunde Asiatische Kochkunst – Take Away! Hier stehen Businessleute und auf den Ärmeln prankt neben der Chilisauce ein Label, dass auf die berufliche Position und das damit verbundene Gehalt hinweisen soll. Allerdings frage ich mich, ob der Verdauungstrakt tief unter der teuren Krawatte, in der Eile mit der gegessen wird, überhaupt noch überschauen kann, was er da verarbeiten muss.

FenchelViel später sitze ich selbstzufrieden und entspannt vor meiner liebevoll zubereiteten gesunden Mahlzeit: Kürbiscremesuppe, Dinkelspaghetti, Hähnchenbrust mit Pilzen und Fenchelgemüse… während ich schnell die Post und Emails checke und Zeitung lese…?!?

Ach je!

Bei Hildegard von Bingen war es selbstverständlich, dass die Nahrung, wie einfach auch immer, von guter Qualität und liebevoll zubereitet sein sollte- für den Geschmack und das Auge eine Wohltat, um die Galle nicht unnötig zu reizen.
Tatsächlich ist es ein Unterschied, wie angenehm der Geschmack ist, ob das Essen appetitlich angerichtet wird und ob wir es mit voller Aufmerksamkeit genießen. Wir werten damit nicht nur die Kostbarkeit des Nahrungsmittels auf, sondern auch unseren Körper und damit uns selbst.

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